Mittwoch, 12. November 2008
Der Holocaust als Daseinsberechtigung Israels???
Hallo, liebe Blogleser_innen!
Heute wird es wohl ein bisschen politischer werden, also wer keine Lust hat, soll am besten gleich aufhoeren, zu lesen.
Wir hatten vor einigen Stunden einen sehr bewegenden Vortrag von einem israelischen Professor fuer Soziologie namens Schneider. Er hat ueber die Bedeutung des Holocaust fuer die israelische Gesellschaft geredet, ein Thema, das mir zu Anafng bei einer Studienreise zum Nahostkonflikt ein wenig ein Dorn im Agge war: Warum, dachte ich, muss der Holocaust mit dem in Verbindung gebarcht werden, was Israel ist und was Israel als Staat tut oder getan hat? Untergedanke: den Hiolocaust erlitten zu haben heisst ja nicht, dass man gleich auf Kosten andere einen Staat errichten darf!!!! Der Vortag hat dann diese These wenn nicht ganz untergraben doch zumindest ein Verstaendnis dafuer geschaffen, dass andere Denkweisen moeglich sind.
Der Herr Schneider ist selbst nur durch ein ganz grosses Glueck, naemlich das Uebereben seiner Eltern, auf der Welt. Der Rest der Familie wurde verbrannt. Seinen sehr eloquaenten, mehr als leidenschaftlichen Vortrag hat er begonnen mit zwei Textausschnitten aus dem Jahr 1948: in dem einen aus dem Praeambel der UN-Menschenrechtscharta wurde die wuerde aller Menschen aufgrund ihrer Menschlichkeit, ihres Menschlichseins aufgezeigt, und von ihr alle Rechte abgeleitet, die wir so kennen: Freihet, z.B.. Der Holocaust wurde dort inndirket als Graeuel an der Menschheit erwaent, dass nie wieder geschehen sollte und durch die Festlegung universeller Menschenrechte vermieden gewaehrleistet werden sollte. Der andere Text war die Unabhaengigkeitserklaerung Israels aus dem selben Jahr, in der die Errichtung des Staates Israel durch die Nowendigkeit begruendet wird, ein solches Gemetzel und Verbechen wie den Holocaust (der ja damalas gar keinen Namen hatte) in Zukunft zu vermeiden. Es galt fuer die Staatsvaeter als unweigerlich erwiesen, dass ein Staat fuer die Juden noetig war, um ihren Fortbestand und ihr Leben zu sichern.
An diesen Texten, so meinte der Referent, entsatnd eine Trennung, die uns bis heute verfolgt: die einen zogen aus dem Holocaust die Lehre, dass Menschen besser, moralischwer werden muessen und glauben seither an Rechtsansprueche, die universell sind und international geltend gemacht werden sollen; die anderen empfinden nur den Aufbau eines eignenen Staates als Loesung, einem Staat, der sie schuetzt und zu dem Juden immer zurueckkehren koennen, wenn sie woanders auf der Welt gefaehrdet sind.
Die Auswirkungen dieses Unterschied in der Anschauung sind gross. Fangen wir mal bei der israelischen Gesellscgaft selbst an: die Einwanderung favorisiert klar die Juden. Sie sind die Essenz des Staates - eines ethnischen Staates -, zu dem Araber oder Menschen anderer Konfessionen sich nicht in so hohem Masse zugehoperig fuehlen koennen: die Hynmne erzaehlt von Juden und ihrer Wehmut zur Heimat, dann der Davidstern auf der Flagge, die juedischen Feste... Und nicht zuletzt die alltaegliche Diskrimination von Minderheiten. All dies laaesst einen West-Menschen daran zweifeln, dass man Israel wikrlich als demokratisch bezeichnen kann.
Und dann ist da ja noch das andere, fuer uns leichter Sichtbare: naemlich dass die Menschenrechte anderer (vor allem der Palaestinenswer) getreten werden, und dass spaetestens seitdem kurz vor der Staatsgruendung in Palaestina Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden, etwas im Argen ist.
Tja.... Und dann steht man da, mit der Frage: warum machen die sowas? Sie habben doch auch mal gelitten!!! Haben sie das schon vergessen? Wo bleiben da die Menschrechte, die sie so verinnerlicht haben sollten?
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Her Shcneider meinte, fuer die Juden sei es nicht so leicht, an die Menschenrechtwe zu glauben. Daran, dass andere Voelker sie in Schutz nehmen wuerden. Warum sollten sie auch? Niemand hatte es zwischen 1938 und 1945 getan, und auch vorher nicht. Man denke an die ueber Jahrunderte stattfindenende Verfolgung an den veschiedensten Orten Europas, zu verschiedenen Zeiten.... Die Deutschen, die Franzosen, die Englaender, sie seien ein Volk, eine Gemeinschaft, die ein Land hatte, auf das sie aufbauen koennen, in dem sie als Volk existieren. Die juden aber nicht: sie lebten und leben in Teilen noch zerstreut auf der ganzen Welt. Und damals, als die Nazis sie zu Hunderttausenden in den Tod trieben, hatten sie keinen Ort, an den sie zurueckkehren konnten, keine Heimat, in der sie nicht verfolgt oder zumindest sicher sein konntem, aufgenommen zu werden.
Sind die Juden ueberhaupt ein Volk? Haben sie aals solches ein Recht auf ein Laand? Gerade im 19. Jahrhundert haben viele in Europa veruscht, einen anderen Weg zu gehen: sie sahen sich vorraengig als Franzosen, Deutsche, Englaender, aals Buerger ihrer Laender also, und ihr Judentum wurde zu einer Konfession. Sie engagierten sich in den Gesellschaften, in denen sie lebten, assimilierten sich in weiten Teilen und gingen soweit, wie viele andere Mitbuerger auch, gingen in den Kreig und kaempften fuer ihr Land. So ja auch in Deutschland, wo die Juden dann, als die Nazis kamen, nicht wirklich daran gluaben konnten , was die da ueber sie sagten, was sie mit ihnen vorhatten und das es auch so kommen wuerde - denn sie sahen sich ja als Deutsche. "Wir haben gekaempft und wir haben Opfer gebracht, wie jeder andere Deutschw auch. Wir sind gute Deutsche."
Das es ihnen und allen andere Juden in Europa herzlich wenig half, das wissen wir heute leider. Die Nazis haben sie, sofern es ging, aus dem ganzen Kontinent in KZ's zusammengebracht und unter den grausamsten aller erdenkbaren Zustaende, in der unmenschlichten Manier und nach einem zutiefts den Mernschen verachtenden Plan in den Tod getrieben. Wenn Juden bis dahin kein Zusammengehoerigkeitsgefuehl hatten, dann war es spaetestens zu dem Zeitpunkt vorhanden, im KZ waren sie alle gleich: buergerliche Juden, Gelehrte, Liberale, Orhodoxen, Kommunisten.... All das war egaal. Das Weserntliche, Der Gurnd, weswegen sie da waren und ermordet wurdenwar der, dass sie Juden waren.
Dass so eine Erfahrung zusammenschweisst und Identitaet zu stiften vermag wo sie vorher nur wenig ausgepraegt oder gar nicht da war, das ist klar. Und dass Juden sich nun mehr als vorher, geschlossener als vorher als ein Volk betrachten wollten war nicht nur zu erwarten - man kann es ihnen eightnlich gar nicht vopwerfen: denn es waren diese schrecklichen Ereignisse, die dazu gefuehrt haben. Vor dem Holocaust naemlich waren die Zionisten eine Minderheit: Orthodoxen und Liberale, Aufgeklaerte und Assimilierte, sie allen wollten Nichts von Israel wissen. "Wieso sollte ich von Berlin in die Wueste ziehen, wenn ich hier doch alles habe, was ich brauche?" Nach 1938 hatte sich die Diskussion aber erledigt und fuer viele derer, die dann 1945 ueberlebt hatten war es klar, dass Judentum nun mehr als ein Glaube. Da waren Jahrtausende von Geschichte, von bewusst gelebter Diaspora, und nun eine Verfolgung und Ausrottung, die ihresgleichn heute noch vergeblich sucht.
Deswegen, liebe Leserinnen und Leser, hat der Holocaust etwas mit der Staatsgruendung zu tun. Und nur weil Juden sich durch die Geschichte auf tragische Weise bestaetigt, im Recht fuehlen, haben sie damals ihren Staat gegruendet und erhalten ihn auch heute noch aufrecht - als Refugium fuer das Volk, zu dem spaetestens der Holcaust sie gemacht hat.
Man koennte natuerlich als Europaer hingehen und den Juden sagen, dass sie immer noch kein Volk seien aufgrund ihrer Geschichte, keine Nation, und schon gar nicht das moralische Recht (das juristische lassen wir mal aus dem Vor hier) haetten, als solches zu agieren. Man koennte gar sagen, dass ein solches Verhalten nicht dem universellen Mescnhenbild entspricht, dass wir uns nach dem zweiten Weltkrieg gegeben haben und das Mescnhen nicht aufgrund ihrer Konfession unterschiedet, sondern sie alle gleich macht - als Menschen naemlich. Das alles koennten wir. Und wenn wir es taeten, hatten wir auch Recht von unserer Perspektive aus. Nur leider haben wir nicht - so finde ich - das moralische Recht, den Anspruch, zu ihnen zu gehen, und ihnen unsere Weltsicht als die einzig Richtige aufzuzwingen. Sie haben auf tragische Weise eine andere Weltsicht angenommen, annehemn muessen, und sehen sich als Juden, die einen Ort btrauchen, an dem sie leben koennen und auch ein Recht darauf haben. Wer kann ihnen das recht auf ihre Weltsicht und aauf ihren Staat, deren Daseinsberechtigung sie als unantastbar empfinden, absprechen? Ich habe spaetestens seit der Begenung mit Herrm Schneider heute nachmittag das Gefuehl, dass ich es nicht kann.
So viel dazu. Ein ander Mal mehr uebr das, was nach der Staatsgruendung an Ungerechtigkeiten passiert und wie man damit vielleicht umgehen sollte. Morgen geht es nach Accro, einer Jahrtausende alten Stadt, in der bis vor kurzem Araber und Juden freidlich zusammen lebten, und dann wider an den Strand> nach Haifa!!!!!!! Das Wasser ist hier uebrigens sehr warm :-)
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